70 Jahre jung wird das altehrwürdige Volksparkstadion in diesen Tagen. So war es zumindest auf NDR online zu lesen und so bestätigt es auch Wikipedia. Grund genug, meine Erinnerungen an dieses wunderbare Stadion niederzuschreiben. Denn die sprudelten unweigerlich hervor, als ich davon las.
In unserer aktuellen Podcast-Folge "60 Jahre Bundesliga" hab ich natürlich von meinem ersten Bundesliga-Live-Erlebnis berichtet. Und der war, wie könnte es anders sein, im Volkspark. Es war der 11. August 1990, ich war grad neun Jahre jung. Natürlich musste ich das genaue Datum heute erstmal nachschlagen, nicht mal die Eintrittskarte von damals hab ich noch. Aber dennoch sind ein paar Erinnerungen an diesen Tag hängen geblieben. Erinnerungen daran, dass meine Eltern zum Stadtbummel nach Hamburg wollten und ihren Jüngsten unweigerlich mitnehmen mussten. Und daran, dass es - zumindest fühlte es sich für mich so an - eher zufällig zu besagtem Stadionbesuch kam. Karten brauchte man damals wohl nur gegen Bayern im Vorverkauf. Fleiner Funfact am Rande: Mein Vater kaufte die immer in einem Sportgeschäft in der Lübecker Innenstadt. Geil!
Ansonsten waren Spontanbesuche zu erschwinglichen Preisen fast immer möglich, so auch an diesem Tag. Denn neben meinen Eltern und mir hatten "nur" 22.997 weitere Fußballfans die Idee, diesen Nachmittag im Volksparkstadion zu verbringen. Der HSV traf auf den frisch gebackenen DFB-Pokalsieger 1. FC Kaiserslautern, unterlag mit 1:3. Dass der FCK mit Kalli Feldkamp als Trainer am Ende der Saison sogar Deutscher Meister werden sollte, hat mein geschultes neunjähriges Auge an jenem ersten Spieltag selbstredend sofort erkannt.
Ein paar Monate später sollte es mich erneut in den Volkspark ziehen. Diesmal wurde daraus sogar ein Familienausflug. Der eine Bruder ging in die Westkurve, der andere in die Ostkurve - dort standen nämlich die Bayern-Fans. Meine Eltern zog es mit mir im Schlepptau auf die Sitzplätze - obwohl ich inzwischen doch schon satte zehn Jahre alt war. Die Bayern gewannen natürlich souverän mit 3:2. Der Jubel eines HSV-Fans zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung der Rothosen provozierend in meine Richtung - für mich prägend. Olaf Thon und Stefan Reuter per Doppelpack erzielten übrigens die Tore für die Bayern. Beide sollten wenige Wochen später in Italien den dritten WM-Titel nach Deutschland holen. Ich meine mich zu erinnern, es an jenem Abend schon geahnt zu haben.
In keinem anderen Stadion - außer natürlich auf der Lohmühle - war ich in meinem Fanleben häufiger als im Volkspark. Das behauptet zumindest die App Futbology als mein steter Begleiter. Neben weiteren Spielen gegen die Bayern trat tatsächlich in der alten Schüssel auch mein VfB schon mal zu einem Pflichtspiel an. Gegen die Zwote des HSV war es, mit Felix Magath als Trainer und dem jungen Hasan Salihamidzic als Spieler. Im März 1995 folgten mindestens 2000 Lübecker ihrer Mannschaft. Der nächste Familienausflug der Möllers, mittlerweile musste auch die kleine, fünfjährige Nichte mit. Wir waren im Oberrang unter dem Dach und die Lübschen Supporter machten das Spiel zu einem Heimspiel. Wir gewannen 4:2 - natürlich. Am Ende der Saison stiegen wir in die 2. Bundesliga auf - logisch.
Ende der 1990er Jahre wurde der Volkspark umgebaut. Im laufenden Betrieb wurde die Spielfläche um 90 Grad gedreht, die Tribünen dann Stück für Stück errichtet. Stark! Während dieses Prozesses sah ich Spiele gegen Dortmund und Wolfsburg. Bei letzterem trat Hans-Jörg Butt erstmals in der Bundesliga zum Elfmeter an. Später folgten Länderspiele unter anderem gegen Griechenland, getragen von der Aufbruchstimmung eines Trainers namens Rudi Völler, der nach der verkorksten Ribbeck-EM 2000 das Zepter übernahm. Und ich sah sogar Europapokalspiele unter Beteiligung des HSV - ja ich weiß, ich bin alt. Gegen Kopenhagen und Bukarest war das. By the way: Wer weiß noch, dass (und vor allem gegen wen?) der HSV zwei UI-Cup-Spiele bei seinen Freunden auf der Lohmühle austragen musste, weil der Volkspark noch nicht fertig war? Schreibt die Gegner in die Kommentare - ich bin gespannt!
Zuletzt brachte ich dem HSV mit meinen Besuchen weniger Glück. Gegen einen temporären Zweitligisten aus meinem Bundesland blieb man sieglos, auch gegen den zweiten Proficlub aus Hamburg gelang kein Sieg. Und dennoch: Ich genieße es jedes Mal, dort zu sein. Der Volkspark war damals eine der ersten "Arenen", die im Vorgriff auf die WM 2006 umgebaut wurden. Der Volkspark hat aber seinen eigenen Charme und ein besonderes Flair - ein wunderbares Stadion, das noch nicht wirkt wie aus dem Setzkasten gebaut. Keine Arena eben, und mittlerweile dennoch ein Hexenkessel, auch in der 2. Bundesliga.
Umso schöner, dass es im Namen keine "Arena" (mehr) trägt. Ich komme sicher wieder. Happy birthday und auf die nächsten 70!